Sinnlos, euch zu verbergen, dass ihr uns irritiert habt. Eure geizige Art haben wir immer schrecklich gefunden; die Manöver, mit der ihr euren Herrschaftsfilz sichern wollt, haben uns immer angeekelt; die völlige Verlogenheit eurer Wirtschaftsmoral war uns immer klar.
Aber vergangene Woche seid ihr ein Stück zu weit gegangen. Ihr habt die Arroganz überzogen, die Masken sind gefallen. Indem ihr die Refinanzierung der griechischen Banken unilateral zurück genommen habt, schneidet ihr die Menschen fristlos vom Lebensnotwendigen ab in einem Staat, der kaum mehr verlangte als ein klein bisschen Keynesianismus und ein paar Momente nationaler Euphorie zu genießen. Ihr traut euch, mit der Deutlichkeit einer Margaret Thatcher öffentlich zu erklären: „Es kann keine demokratische Entscheidung gegen die europäischen Verträge geben“ – wie um das Politische auf das Casting für einen Film zu reduzieren, dessen Drehbuch sich nicht ändern darf, da ihr es geschrieben habt. Ihr habt vor aller Augen eine Linie gezogen. Da gibt es euch, eure farblosen, aber despotischen europäischen Kommissare, eure grauen Institutionen, die einen dezenten Krieg kontinentaler Größenordnung vom Zaun brechen, eure Zentralbank, die unter dem Vorwand der Ökonomie zu dienen, souverän ihre eigene Politik verfolgt. Vor allem ist da euer eisiges und tadelloses Universum der ökonomischen Optimierung, mit seinen Vierteln, seiner Sprache, seinen Hochhäusern und Modellkörpern. Und da sind wir, der planetarische Pöbel, der schuftet, der trickst, der aus der Rolle fällt und immer ein bisschen einen schlechten Eindruck macht. Was denkt ihr euch eigentlich? Glaubt ihr, dass ihr allein seid in eurer phänomenalen Republik der Zinsen, in eurer Medienkugel voll kurzer Sätze ohne Konsequenz, in euren Vierteln gesicherter Angst? Denkt Ihr, wir sind blind und taub, oder einfach nur dumm und unterwürfig.
Ihr habt ein Fehler gemacht. Letzte Woche habt ihr der stummen Erniedrigung des Alltags die offene Erniedrigung der Herrschaft hinzugefügt. Was ihr „den Griechen“ angetan habt, das habt ihr in der Geschichte schon hunderte Male getan und tut es ununterbrochen weiter, überall sonst auf dem Planeten. Ihr reißt in uns all die alten, niemals verheilten Verletzungen wieder auf.
Ihr habt einen Fehler gemacht. Ihr habt geglaubt, dass ihr ungestraft ganzen Ländern den Krieg erklären könnt, da in Frankfurt zwischen einem Abend in der Oper und einem Cocktail im Frankfurter Hof. Kein Happy End der Verhandlungen über die „griechischen Schulden“ kann diese Tatsache vergessen machen.
Ihr habt einen Fehler gemacht. Ihr denkt immer noch, ihr könnt den neuen 1,2 Milliarden Euro teuren Sitz der EZB am kommenden 18. März eröffnen. Sicher, ihr habt vorsichtshalber die Größe des Festes reduziert, der Obszönität der Umstände entsprechend, aber ihr bleibt dabei feiern zu wollen. Fehler. Ihr beherrscht die Welt nicht aus dem Äther. Ihr seid irgendwo auf der Erde. Ihr seid in Frankfurt am 16., 17. und 18. März; am 16. und 17. um über die „Zukunft der Finanzbranche“ zu diskutieren und am 18. um in euren brandneuen Lokalen ein frisch flambiertes Häppchen zu euch zu nehmen. Jeder weiß, wo ihr zu finden seid. Wir werden euch finden. Ihr werdet zahlen müssen. Wir werden euch ein Fest ausrichten, mit all unseren Freunden und Freundinnen, ab Montag den 16. März. Und glaubt uns: Wir werden unsere Festlichkeiten nicht kleiner machen.
Nachdem, was ihr letzte Woche getan habt, haben sich unsere Freunde überall in Europa, die bisher zögerten so weit zu reisen, nur um euch einige Verdauungsbeschwerden zu bescheren, schließlich entschieden, zu kommen. Unsere griechischen Freunde sind ganz besonders sauer. Und ihre Wut ist ansteckend. Dies ist keine Drohung. Dies ist eine Feststellung. Ihr seid irgendwo, wir sind überall. Ihr habt den Fehler gemacht, uns einen Krieg zu erklären, den ihr ohnehin schon immer führt. Das Interieur eure Salons ist zerbrechlich. Eure Teller sind nicht sicher vor unserer Spucke. Eure Türme können einstürzen. Bald schon werdet ihr verstehen.